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Fanorils Kurzgeschichten

Verfasst: Do 17. Sep 2009, 22:27
von FanorilAsaeh
Da ich schon einige (eigentlich die Liebsten) Kurzgeschichten Threads sehe, eröffne ich erneut meinen, mit einer Kurzgeschichte, die in der heutigen, etwas langatmigen Geschichtsstunde entstand; ich entschuldige mich vorweg für die wahrscheinlich viel auftretenden Kommata- und Sonstigefehler, aber was solls drum - hier ist sie:
Eine Bank, ein See und ein paar Enten
Die klare Morgenluft belebte jede Faser meines alten, kranken Körpers und die allmorgendliche Sonne erhellte den umliegenden, grünen Park mit ihren warmen, gelben Strahlen. Die schwere Eichenbank war hart und unnachgiebig, doch für mich war sie der Sitz der Ruhe und das Haus des Friedens. Sie war dunkel und in der Sonne schnell warm geworden. Dunkel und warm, zwei Konträre, welche sich wie in roter Faden durch mein Leben zogen . Ich öffnete meinen Regenmantel und atmete tief durch.
Der vor mir liegende See glänzte und funkelte und seine glatte, klare Oberfläche spiegelte den blauen Himmel wider. Er war das Zentrum des Parks, das Zentrum der Stadt - und ja, er war auch mein Zentrum.
Leise durchbrach etwas die laute Stille der schreienden Natur - ich bekam Besuch. Meine Freunde, nur getrieben durch ihre knurrenden Mägen, kamen auf mich zu geschwommen. Ich kannte sie alle - jeder war ein Individuum, jeder war Einzigartig und jeder mochte mich. Durch ihre quakenden Laute und ihr freudiges auf mich zuwatscheln, sah ich erst wie hungrig sie waren. Ihre kleinen mit Schwimmhäuten überzogenen Füße schritten unaufhörlich auf mich zu - das Zeichen, welches mir signalisierte, dass es Zeit für das Frühstück war.
Meine steife, kalte Hand glitt wie von selbst in meine prall gefüllte linke Tasche und sie ertastete sorgfältig die verschlossene Plastiktüte. Ich nahm sie heraus und öffnete sie langsam, doch meine Hände beschleunigten ihr Tun, als ich bemerkte, dass meine treuen Freunde ungeduldig wurden. Ich verteilte, die vom Vorabend übrig gebliebenen und fein zerkleinerten Brotstücke liebevoll. Ja, ich war glücklich.
Doch da war etwas anderes - ein Mann; ein Mann ging auf mich zu - und fing an zuschimpfen. Ich fragte mich warum, warum er schimpfte, warum er kam und warum er meine Ruhe, mein Glück störte. Ich hatte doch nichts verbrochen.
Seine Stimme wurde mit jedem seiner kraftvollen Schritte lauter und meine Freunde entfernten sich rasch; sie flohen in das schützende Nass.
Der Krach, der aus des Mannes, vom Hass weit aufgerissenen, Maul kam, klang wie die ganze farbenfrohe Palette der unbegründeten Anschuldigungen und schmerzlich empfundenen Verunglimpfungen. Er schlug mit jedem seiner Worte ein klaffendes Loch in meinen Geist, meine Seele - mein Leben. Doch verspürte ich keine Hass - es war Trauer; über die Tatsache, was einen Menschen zu solchen Taten trieb und über die Tatsache, warum er gerade mich auswählte. Auch mein tränenreicher Blick, der nur verzweifelt einen Funken Menschlichkeit in meinem Gegenüber suchte, aber nicht fand - besänftigte ihn nicht. Nein, stattdessen jagte er mich davon; hinfort von dem Zentrum meines Selbst; lauthals brüllend und wild um sich schlagend. Ich hatte doch nichts verbrochen.
Aber doch fügte ich mich meinem Schicksal.
Und so ging ich nach Hause und starb.

Re: Fanorils Kurzgeschichten

Verfasst: Fr 18. Sep 2009, 13:05
von Katicro
Ehrlich gesagt finde ich die nicht ganz so gut wie deine anderen Geschichten. Irgendwie, langweilig oder so? Also, ich weiß nicht =/ Ich musste mich motivieren, weiter zu lesen. Wobei ich die letzten 2 Sätze gut finde. Aber der Rest, irgendwie komisch ^^

Re: Fanorils Kurzgeschichten

Verfasst: So 7. Feb 2010, 21:32
von FanorilAsaeh
So ich bemüh mich mal auch en bisschn um meien Aktivität :D.

Aber hm naja, insbesondere bei der Geschichte wollte ich möglichst genau das Gefühl und die Atmosphöre voher beschreiben - damit klar wird, warum dieser scheinbar nichtssagende Grund, diese Vertreibung - für den alten Kautz den absoluten Untergang bedeutet.

Aber ok ich weiß nicht, ob ich dir hier im alten Forum schon gepostet habe, aber ich machs einfach mal ^^.
Geräusche in der Nacht
Ich lief, ich rannte um mein Leben. Mein tränenreicher Blick schob sich über meine Schulter, doch ich erspähte nichts. Meine Füße glitten, flogen über den nassen Asphalt hinweg - ungebremst und ungeübt. Nichts vermochte meinen Willen aufzuhalten; meinen Willen zu laufen, zu fliehen - vor dem was sich in meinem Rücken wohl verbergen mochte. Der kalte Abendwind peitschte in mein heißes Gesicht und ließ meine nassen Haare im Takt meines Pulses tanzen. Meine Lungen, angepeitscht durch die Anstrengung des Fliegens, wurden träg und schwer.
Was ist es, was mich verfolgt? Ich schaute mich erneut um. Ein Schatten huschte durch meinen matten Augenwinkel und ließ mich schaudern. Obwohl mein Atem im eisigen Hauch des Todes gut zu sehen war, konnte ich doch nicht feststellen, wie schnell er sein mochte. Das Einzige, was ich wusste, war, dass ich ihn beschleunigen musste. Meine Beine passten sich meinen Gedanken an - der schwarze Untergrund verschwamm allmählich. Meine auf und ab schnellende Brust schmerzte; ein kaltes Stechen, wie ein Messer, das sich langsam in meine Därme bohrte. Ein schwaches Licht in einiger Entfernung verdrängte den Gedanken an den Grund meines Laufens, an mein Ende. Die Hauptstraße!
Doch so schnell die Hoffnung kam, so schnell verflog sie. Ich schreckte auf, als es leise in meinem schweißgetränkten Rücken knackte. Meine Augen gebaren Tränen des Hasses - warum ich? Ich brüllte verzweifelt in die nächtliche Stille, brüllte nach Hilfe, brüllte nach Mitleid, doch die einzige Antwort der Schwärze war ein langes Schweigen.
Der Wind drehte sich und die Geräusche in meinem abkühlenden Rücken wurden lauter und immer lauter. Ich schaute mich um. Ich lief, ich rannte um mein Leben…

Das letzte, was ich sah, war der abgebrochene Spiegel des fliehenden Wagens. Seine eiserne Motorhaube hatte den letzten Rest Blut aus meinem Körper gepresst. In der blitzenden, spiegelnden Oberfläche, sah ich meine angstverzerrten Augen, die aus meinem geschundenen Körper hinaus in die Dunkelheit spähten, aber nichts ausmachen konnten. Ich lag gebrochen am Boden.
Aber der letzte Funke in meinem Kopf ließ mich eines klar werden: so sieht ein Mensch aus, der vor seiner Angst davon gelaufen ist.

Re: Fanorils Kurzgeschichten

Verfasst: So 7. Feb 2010, 22:48
von GeGGi
Hast du im alten Forum auch gehabt.
Aber ist immer noch saugut. Die Spannung in der Geschichte ist wirklich überwältigend.

Re: Fanorils Kurzgeschichten

Verfasst: Di 20. Nov 2012, 20:09
von FanorilAsaeh
So mal nach langer Zeit wieder was von mir - diesmal in Richtung Satire :D

Vorwort
Es sei vorweg gesagt, dass diese Fassung gewisse Lücken in ihrer strengen Betrachtung der tatsächlichen und wirklich stattgefundenen Ereignisse hat, die zu dieser Schrift führten. Es ist daher meine zuvörderste Pflicht als nicht bezahlter und nichts könnender Hobbyautor, diese wahre und vor langer Zeit als Beobachter so erlebte Geschichte, so detail- und wahrheitsgetreu wie nur eben möglich zu erzählen. Jedem, dem diese Pflicht im Anfange noch verschleiert vorkommen mag, sollte sich vor Augen führen, dass Einkommen und schriftstellerische Genauigkeit empirisch gesehen reziprok proportional oder besser antiproportional sind; so schreibe ich voller Genauigkeit und faktischer Korrektheit, während ein hochbezahlter Bild-Autor auch durch einen trainierten Affen ersetzt werden könnte. Dazu gehört stundenlange Recherche, tagelange Interviews und wochenlanges Zusammentragen von Millionen und Abermillionen Informationen.
Um noch mehr differenzierte Einblicke in diese wahre Geschichte zu erhalten, behalte ich mir das Recht vor, den nicht zu störenden Lesefluss des Lesers, mit Hilfe meiner eigenen Einschätzung der Dinge, zutiefst und in seinen Grundfesten zu stören. Es soll wie folgt, abkürzend eingeleitet werden: „A.d.A.: “, was soviel wie „Anmerkung des Autors“ bedeutet.
Vielen Dank für Ihr Verständnis


Zusatz zum Vorwort
Alle Personen, Orte, Gespräche, eigentlich alles, wirklich alles ist bloß frei erfunden.



Beate beim Arzt

Es ist doch immer wieder wundersam, wie lachhaft lächerlich, ja geradezu pointierend unbedeutend ein Leben im Vergleich zu seiner Umwelt ist. Ein Wesen stirbt während tausende Menschen weiter dem Irrsinn folgen, den sie Leben nennen und wozu dieser ganze Zirkus? Um letzten endlich doch ins Gras zu beißen. (A.d.A.: manche Experten schaffen es sogar, obgleich ihres physischen Todes, ihre Verwandten, mit Hilfe großer Schulden im Erbe, dermaßen zu verspotten, dass besagte Verwandten nun ihre gesamte verbale Energie auf Aussagen lenken, wo beschriebener Experte sich wohl im Grabe umdrehen möge - So hält man sich selbst im Tode noch fit.)
Und trotz dieses Umstandes gibt es Menschen, die sich mehr lieben als es ihre Mutter jemals könnte.
Beate Müller war so ein Mensch.

Diese Beate von der wir zweifelsohne sprechen war nett, intelligent und charmant … nein Spaß beiseite, sie war vielmehr ganz wie ihre Vorbilder aus diesen schrecklich langweiligen, überzogenen Romanen, die es auf jedem Grabbeltisch zwischen Bibel und Kamasutra gibt. Gut aussehend, so überzeugt von sich wie ein vom Narzissmus zerfressen Egomane nur sein kann und letztendlich doch nur eine leere Hülle, die sich verzweifelt zu füllen versucht – egal mit was (A.d.A.: ich hatte das große Glück, Beate, als Essenz meiner Fantasien über verhasste, feminine Personen, gut genug zu kennen, sodass ich sagen kann: Beate war nicht auf der Suche nach Glück oder innerer Ruhe. Nein. Das, was ihre innere Leere oder zumindest gewisse Teile davon am besten füllte, waren Männer.).
Und diese Beate war wohl bei so etwas, was das gemeine Landvölkchen als Arzt bezeichnen würde. Ein lächerlicher Quaksalber, der in seinem Sortiment nur beste Placebos und feinstes Schmerzmittel hatte; ersteres für die leicht Kranken, zweiteres für die Leute, die das Glück haben bald abzunippeln (A.d.A.: ich entschuldige mich für jene Formulierung, doch entspricht sie der Zunge des heutigen, gemeinen Mannes. „Abnippeln“ als Synonym für das langsame dahinscheiden einer kranken Person zu nehmen, ist eigentlich unter aller Sau).

Und dieser ausgebildeter Tablettendealer ließ sich verdammt noch mal viel Zeit.

Und so kam es, dass unsere gute Beate in ihrer Vergangenheit schwelgte. Eine Reise von Anfang bis En... – nunja – bis jetzt. Ihre Geburt, bei der ihre Eltern verzweifelt versuchten, mit ihrem aufgesetzten Grinsen die Klage gegen einen bekannten Kondomhersteller zu vertuschen. Ihre Kindheit, die aus einunddreißig Kindermädchen und eben so vielen Schulen bestand (A.d.A.: es ist ein Wunder und nur der etwas neueren und weitaus schlafferen Bildungspolitik zu verdanken, dass Beate die dritten Klasse schaffte). Ihre Jugend, die beherrscht wurde von den pubertätsbedingten Anekdoten: „Warum darf ich nicht zu dieser Party“ und „Darf ich ihn mal anfassen?“. Und schließlich Ihren Abschluss, bei dem Ihre Eltern verzweifelt versuchten sich nicht zu sehr zu freuen, als sie sie vor die Tür setzten.
All diese beliebten Faktoren hatten zu dieser stereotypen und überaus emanzipierten Frau geführt, die nun auf die zwölfte Seite der neuen Brigitte blätterte.

Die Stadt in der sie nun seit fünfzehn Monaten wohnte, passte zu ihr wie der Deckel zum Topf oder wie der Papst zu Gott oder … ach scheiße, sie passten sehr gut zusammen; und das obwohl Beate diese triefende Ansammlung von Häusern hasste wie ihre Eltern; nun ja eigentlich hasste sie alles und jeden außer sich selbst, doch diese Stadt hasste sie nicht im eigentlichen Sinne. Sie war vielmehr leidenschaftlich angezogen von dieser Stadt – so wie ein Chorknabe einen Pfarrer anzieht.

Diese Stadt, genau so stereotypisch wie Beate, war eine Großstadt.
Und wie sehen diese Großstädte wohl aus.
Kinder, die andere Kinder auf den Straßen vermöbeln. Erwachsene, die andere Erwachsene in der nächsten Kneipe verhauen. Und schließlich die Frauen mit gebärfreudigen Hüftknochen, die mit ihrem vielsagend gewölbten Bauch, schreiend sich Gehör verschaffen wollen.
Die Arbeiterschicht die sich krumm schuftet und die obere Schicht die auf ihrer Schulter reitet. Die Umweltverschmutzung und die schlecht angelegten Grünanlagen.
Die Reihe könnte man unendlich weiterführen (A.d.A.: ich muss gestehen, dass sich meine Sympathie für Großstädte und einen Großteil deren Bewohner in Grenzen hält. Der einzig adäquate Vergleich, wäre wohl die Liebe des Papstes zu Verhütungsmitteln. Sie ist geradezu nicht-existent, inaktiv, vakuös, da war nie was und wird auch nie was sein! Ich bitte dies zu berücksichtigen. Danke.).

Nun ja zumindest war Beate so eine Großstadt – nicht eine richtige mit Häusern & Co., dennoch eine menschliche Großstadt; eine schmutzige, übervölkerte Großstadt; mit dieser faden Art von Arroganz, die nur ihre eigene Unzufriedenheit verdecken will, und die abgerundet wird durch ihr „perfektes“ Aussehen (wie sie voller Überzeugung immer wieder in Gespräche einbrachte). Und dieser …

„'Müller, Beate' bitte in Behandlungszimmer drei! 'MÜÜÜÜLLER, BEATEEEE BITTE'“
Beate, die dank des lauten und überaus feuchten Ausrufs der Arzthelferin, gewaltsam aus ihren Gedanken gerissen wurde, stand auf und schlenderte zu dem genannten Raum.

Der Raum war rechteckig und wohl eigentlich als Abhärtungszimmer für Klaustrophobiker gedacht. Auch die Luft zeigte, dass hier wohl mindestens dreihundertzwölf todkranke Patienten, mit schweren, bakteriellen Infektionen, ihr Lungenvolumen gemessen haben mussten (A.d.A.: diese Formulierung ist eigentlich viel zu euphemistisch! In diesem apokalyptischen Fall, gewinnt die Floskel „die Luft ist geradezu geschwängert“ eine ganz neue und erschreckende Bedeutung; und dem Geruch nach zu urteilen, war besagter Begattungsakt noch nicht lange her). Doch ein Fenster suchte Beate vergeblich. Wozu auch? Es war ja ein winziger, geradezu vernichtend kleiner, so-klein-das-könnt-ihr-euch-nicht-vorstellen-Winzling Ventilator vorhanden. Er bemühte sich verzweifelt die Luft umzuwälzen (dabei gab dieses überhitzte Scheißding wohl die meiste Wärme von sich) und kreischte dabei wie eine Spitzmaus beim Coitus.
Zusammenfassend: es war stickig, klein und die technische Ausstattung musste zweifelsohne aus dem Jahre Null stammen (A.d.A.: da Beate keine Expertin auf dem Gebiet der technischen Einrichtung eines solchen Arztzimmers war, wusste sie nicht das diese schäbigen Werkzeuge des Todes in besagtem Zimmer noch viel, viel älter und wohl aus vorchristlicher Zeit waren.).
So wartete sie.

Dr. Ante Mortum saß ihr nach wenigen Minuten in dieser umgebauten Abstellkammer ernst gegenüber (A.d.A.: die Redewendung „nach wenigen Minuten“ sei nur wegen der beliebten Anwendung eingeschoben. In Wirklichkeit schienen Äonen vergangen zu sein und wer schon mal in einem vergleichbaren Zimmer auf seinen Sterbehelfer warten musste, weiß wovon ich rede. So war wohl der letzte Gedanken in Beates von den Medien zerstörten Kopf, bevor besagter Arzt das Zimmer betrat, eine piekfeine und gut strukturierte Zombieapokalypse) . Nach zweieinhalb Komplimenten (A.d.A.: die Aussage „Ihre Mutter ist so stolz auf sie“ zählt nicht als ganzzahlige, positive Bestätigung ihres Egos, ist aber gleichzeitig keine nicht bewertende Aussage), öffnete er eine dicke Mappe mit dem vielversprechenden Titel „Todespatienten“ und machten den Fehler seine Ansprache mit der Floskel einzuleiten, bei der ca. zweiundneunzigkommasiebendrei Prozent der durchschnittlichen Patienten ihre Ohren noch mehr auf Durchzug stellen (falls das überhaupt im Bereich des Möglichen ist).

„Ihre Testergebnisse...“

Beate beobachtete diesen kleinen Mann mit seinen rundlichen Brillengläsern und seiner kecken Frisur, seinen weißen Kittel und die kompliziert aussehenden Instrumente in dessen Tasche (A.d.A.: Beate wusste aufgrund ihres verschwindet kleinen Intellekts nicht, das es sich um eine richtig, richtig tolle und überaus neuartige Erfindung handelte, ein Kunstwerk der Schreibwareninsdustrie mit dem weit klingenden Namen 'Kugelschreiber'. Auch ein Block befand sich unter jenen seltenen und begehrten Hülfsmittel eines jeden Gelehrten, um das unnötige „in Fels meißeln“ zu ersparen.). Er schien geradezu eine wollüstige Befriedung zu verspüren, wenn er komplexe Fachbegriffe wie 'suboptimales Blutbild', 'erhöhte Entzündungsparameter' und 'Tumor' ausspra... moment - wie war das mit dem Tumor!? Schlagartig erlebten ihre Trommelfelle eine zweite Geburt.

„... das sieht nicht sehr gut aus Frau Müller – ich sage es ihnen frei und offen heraus. Sie haben Krebs. Ein irreversibler Tumor von der größe meiner Faust wird bald ihr Herz zum Erliegen bringen.“

Beate fühlte sich plötzlich so unbedeutend, traurig und eine Leere breitete sich in ihrem Kopf aus (A.d.A.: die dargestellten emotionalen und gedanklichen Reaktionen sind bloß ein dramaturgischer Schachzug, um dem schmerzlichen Klimax die sprichwörtliche Krone aufzusetzen. Doch aus Gründen der Vollständigkeit sollen auch ihre wahren Gedanken zum Ausdruck gebracht werden. Die treffendste Formulierung wäre wohl: „Ach, Scheiße!“).

Und dann kam die Einsicht Schlag auf Schlag wie ein Maschinengewehr in ihrem Kopf. Ihr ganzes Leben war sie wie die Stadt in der sie lebte. Ein großes Etwas auf der Landkarte der Welt, welches in keines Menschen Herz passt - nicht wegen dessen Größe, nein, sondern wegen dessen Schlechtigkeit, wegen diesem faden Beigeschmack sobald mit diesem Ding in Berührung kommt und wegen dieser Kälte, die den absoluten Nullpunkt knackt (A.d.A.: ich entschuldige mich vorweg bei allen Physikern, Physik-begeisterten und Leuten, die keine Ahnung haben, wovon ich hier gerade rede - für diese öffentliche und brutale Vergewaltigung der klassischen Thermodynamik. Doch ist dies meine These, dass die Wärme Beates (oder auch der Großstadt, wer die Bildsprache immer noch nicht verstanden hat) wohl oder übel kleiner-gleich null Kelvin liegen muss. Da dies nicht durch empirische Daten (bei emotionaler Kälte gilt keine blanke Theorie) bestätigt oder widerlegt werden kann, ist es am praktischsten (ich danke in dieser kleinen Zwischenklammer der Kirche für diesen unwahrscheinlich logischen Gedankengang) es nicht nur für subjektiv wahr zu halten, sondern es gleich als objektiv wahr und immer schon wahr zu nehmen, unumstößlich und überall geltend – und wer was anderes denkt ist blöd!).
Und diese Stadt hatte sie nun mit allem was sie besaß verschlungen.


Nachwort
Es sei mir verziehen darauf hinzuweisen, dass Beate nicht glücklich bis ans Ende ihrer Tage lebte, sondern einsam und verlassen in einem kleinen, stickigen, ärztlichen Behandlungszimmer starb.

Der Leser möge ihr Leben als Warnung sehen und nicht so werden wie seine Umwelt.