Raccoon hat geschrieben:Mh. Wenn man deinen Beitrag am Thema orientiert sieht, worauf soll das rauslaufen?
Politisch sinnvoll hin oder her, dass der Krieg im Grunde sinnlos ist, dürfte jedem halbwegs Informierten klar sein. Wieso bekommt ein Mann, der aus welchen Gründen auch immer, einen sinnlosen Krieg fördert, dann den Friedensnobelpreis? Im Voraus? Obwohl zum Zeitpunkt der Preisverleihung nicht absehbar war, ob er sich für oder gegen den Einsatz einsetzt? *dämliche Wortwiederholungen - yey*
1.) Auf eine typische No-Win-Situation läuft das alles hinaus, in der man sich die Frage stellen muss, das geringste Übel zu wählen. Wählt man einen Weg, in dem man versucht, ein Land einigermaßen einer gewissen Ordnung zuzuführen und es unter einer pro-westlichen Führung zu behalten (Karzai), was wiederum den Nachteil hat, dass man eigene Ressourcen und Menschenleben dafür opfert und noch dazu bei bestimmten Leuten, die ideologisch vorgefärbt der Ansicht sind, jedwede Art von Einsatz dieser Art sei falsch, schlecht angesehen wird. Noch dazu wird die Stimmung im eigenen Volk immer dunkler, je mehr Menschen in Afghanistan sterben. Das Ansehen in der Welt wird zwangsläufig jedes Jahr schlechter.
Oder aber wählt man den Weg, den Einsatz zu beenden und die Leute nach Hause zu schicken. Karzai wird keine 300 Tage in der Lage sein, seinen Status Quo zu halten. Und selbst wenn er das tut- er wird verärgert darüber sein, dass man ihm im Stich lässt. In diesem Szenario werden noch schlimmere Bürgerkriegszustände herrschen, als dies jetzt der Fall ist. Ein Machtgerangel ohne Gleichen beginnt.
Und der ISI wird nicht lange auf sich warten lassen, die Talibankämpfer tatkräftig zu unterstützen, ganz so wie es damals der Fall war. (Aktuell wirft der afghanische Geheimdienst dem ISI immer noch Unterstützung der Taliban vor). Die Wahrscheinlichkeit, dass die Taliban ein Regime installieren, ist relativ groß.
Und vor welcher Situation stehen wir dann? Nun, auf lange Sicht werden wir dann nicht umhinkommen, einen militärischen Konflikt führen zu müssen. Mit internationaler Beteiligung. Schauen wir uns den Iran an;- der Iran, eine schiitische Minderheit, hat durch den Sturz Saddam Husseins enorm an Macht gewonnen. Bei einem Großteil der irakischen Bevölkerung gilt Ahmadinedschad als der heimliche Präsident. Der Iran wird auf Dauer seinen Machtbereich dahin ausweiten. Und was passiert dann? 1998 kam es schon mal beinahe zu einem Krieg zwischen der paschtunischen Taliban und dem sunnitischen Iran. Zwischen beiden "Gruppen", um sie mal vereinfacht als solche zu bezeichnen, herrscht bitterlichste Feindschaft. Ein installiertes Talibanregime kann nicht einfach so zusehen, wie der Iran mehr und mehr an Einfluß in der Region gewinnt- sie müssen darauf reagieren, weil ansonsten die Drohkulisse viel zu einseitig würde. Der Iran wäre dann unter Umständen in der Lage, die Taliban wegzufegen. Das wiederum kann sich Pakistan nicht erlauben; ein mächtiger Iran wäre für die gesamte sunnitische islamische Welt eine Katastrophe.
Und das ist nur EIN Szenario von Hunderten, die allesamt so bedrohlich wie unkontrollierbar sind.
Der Krieg war falsch. Nicht weil Krieg generell "sinnlos" ist, (interessante Art des Nihilismus'), sondern weil man in ein Hornissennest gestochen hat. Der Präsident der Vereinigten Staaten befindet sich in einer No-Win-Situation. Überlässt er der Region völlig sich selbst, dann kann er sich auf den nächsten großen Kriegseinsatz vorbereiten, bei dem die Karten komplett neu gemischt werden- selbst das vergleichsweise harmlosere Szenario ist eine Steigerung im Vergleich zur jetzigen Situation um ein Vielfaches.
2.) Wahrscheinlich hat die deutlich wahrnehmbare Tonänderung die Jury bewogen, dies auszuführen- und wahrscheinlich die Freude, von dem Bush-Trauma der letzten Jahre erlöst zu sein. Die Linie, in Afghanistan zu bleiben, ist- aus den erwähnten Gründen- die bessere, kalkulierbarere und sicherere. Ich weiß nicht, ob Du Backgammon spielst- aber nehmen wir an, Du bist in einer Holdinggame-Situation mit drei Checkern im gegnerischen Homeboard, der Verdopplungswürfel liegt bei 4;- es ist dann eher besser dafür zu sorgen und alles daran zu setzen, den dritten Checker wenigstens ins eigene Homeboard zu spielen und so die Chance, mit 8 Punkten (also Gammon) zu verlieren, zu reduzieren. Wenn Du den Gegner nicht mehr blockst, und er nur noch auswürfelt, dann musst Du zusehen, dass Du in Dein Homeboard kommst. Von "Gewinnen" kann keine Rede mehr sein. Mit dem herausgespielten dritten Checker hast Du Schadensbegrenzung betrieben. Und genau darum geht es hier auch.
Bush hat jahrelang auf den Teppich gekotzt und Obama muss es wegwischen. Das hinterlässt Flecken. Und so ist es auch hier. Und vielleicht haben das die Juroren auch gesehen.
3.) Die Afghanistanpolitik hat er meines Wissens sofort nach Amtseintritt bekanntgegeben. Also war dies den Juroren sehr wohl bekannt.