PepperAnn hat geschrieben:
Das mag sein. Was schlägst du also vor? Sollen wir jetzt die Hände in den Schoß legen, uns nicht mehr interessieren?
Ich gebe dir teilweise recht, aber wir haben eben schon eingegriffen. Genau das ist der Punkt. Du selbst sagst doch, dass es Wege gibt, dort sinnvoll etwas zu tun.
Die gibt es. Die werden allerdings selten beschritten (was ich ja schon illustriert habe), weil wir in Afrika eben nur vordergründig die Interessen vertreten, die uns die Berufs-"Hungerhelfer" suggerieren. Vielmehr geht es um kulturelle Anpassung an unsere Gepflogenheiten. Man ringt den Leuten Zugeständnisse an westliche Lebensformen ab- ohne diesen Boden gibt es gar nichts, nicht einmal die Butter auf dem Brot. Es ist schwierig, solche Zustände genau zu benennen, wenn man nicht das Risiko eingehen möchte, von den teilweise großen und mächtigen "Entwicklungshilfe"-Konzernen verklagt zu werden. Das kann ich mir nicht leisten, denn ich habe keine Beweise außerhalb dessen, was ich allein gesehen, nicht ausreichend dokumentiert habe.
Hilfe funktioniert nicht einmal auf Augenhöhe, sondern viel eher in der Bittstellerposition des Helfenden. Sie funktioniert nur mit höchstem Respekt vor Tradition und der Verpflichtung der Bewahrung derselben. Daran gekoppelt sind nicht allein finanzielle Ressourcen, (das was hier größtenteils stattfindet, hat ja eher etwas von Ablassbriefen), sondern vor allem geistige. Karlheinz Böhm ist meines Erachtens einer der einzigen Leute in diesem Bereich, die das adäquat verstanden haben. Aber auch hier muss man ganz einfach sagen, ohne dass ich hier zu sehr ins Detail gehen möchte, dieser Mann ist gezeichnet von einer Besessenheit, die kaum ein anderer teilen kann und auch teilen will. Die Dinge sind nicht so einfach, dass sie mit 100 Euro in die Spendenkasse erledigt wären; ich glaube auch kaum, dass das das einzige Problem ist. Aber das öffentlich zu kommentieren, traue ich mich ernsthaft nicht.
Ich kann doch dort nicht erst alles kaputt machen und dann den Rücken zukehren.
Das ist der Schuldkomplex, mit dem die Spendenindustrie sehr geschickt zu spielen imstande ist. Lass es mich so formulieren: Bisher hat es noch keine ausländische Unterstützung an den unzähligen "Freiheitskämpfern" und Multimillionären, die ganze Palais voll Schädeln ihrer überwundenen Feinde haben, vorbeigeschafft. Weder auf dem direkten, noch auf dem indirekten Wege. In den betreffenden (also bettelarmen) Ländern Afrikas ist das keine Frage des Betrags, sondern der Organisation. Aber die so zu bewerkstelligen, dass sie an den Freiheitskämpfern und Multimillionären vorbeikommen, ist brandgefährlich. Verständlicherweise lässt sich darauf kaum jemand ein.
Unsere Vorfahren haben auf diesem Kontinent willkürlich Grenzen gezogen; die mannigfaltigen Resultate daraus sind der eigentliche Grund des Dilemmas in bestimmten afrikanischen Ländern. Alle haben ihre eigene, weit verzweigte kulturelle Geschichte und ganz unterschiedliche Handlungsmotivationen; aber, vereinfacht gesagt, das freudige Grenzziehen hat zu einem absoluten Machtkampf, aber auch zu einem Machtvakuum geführt. Die Vorreiterposition wird in einigen Staaten bereits seit Jahrzehnten ausgetragen, und konnte in anderen Staaten (Südafrika z.B.) nur durch absolute und diktatorische Machtsysteme zurückgehalten werden. Auch wenn Südafrika in sozialen Dingen eine absolute Katastrophe ist; diese Entwicklung nach der weitgehenden "Liberalisierung" ist noch vergleichsweise glimpflich.
Die mannigfaltigen und unterschiedlichen Probleme lassen sich mit etwas Brot und Wasser und auch mit reiner Infrastruktur nicht lösen. Sie lassen sich mit Geld nicht lösen. Das hat auch die Weltgemeinschaft begriffen, deswegen versuchen sie immer noch - wie vor mehr als hundert Jahren - ganz Afrika zu "indoktrinieren". Waidmanns Heil, Freunde - ich glaube nicht daran, dass das funktioniert ...
Und wenn unsere Menschenrechte dort unten nicht gelten (ich gebe dir recht, dass die 1:1 Übertragung erst einmal schwierig ist), wer kümmert sich denn dann darum, dass die Firmen, die uns füttern, dort nicht wieder die Sklaverei ausrufen? Nicht dass viel Unterschied wäre.
Die 1:1-Übertragung ist nicht schwierig, genau genommen sogar ganz einfach: Man bringt jene um, die dem zuwiderhandeln. Das geht ganz schnell. 70 Jahre und das Ding ist gegessen ... Nein, es ist nicht schwierig, es ist absurd und gefährlich. Wir können nicht unsere Vorstellungen in Kulturen tragen, die andere Gepflogenheiten, andere Traditionen, Werte, andere gesellschaftliche Ausrichtungen haben als wir. Wir können weder einem patriarchaischen noch einem matriarchaischem Stamm so etwas wie "Gleichberechtigung" einimpfen, weil wir mal seit einigen wenigen Jahrzehnten glauben, das sei nicht richtig. Das führt zu gesellschaftlichen Umbrüchen und dazu, dass - im schlimmsten Fall - Leute noch schlechter dran sind als es ohnehin schon der Fall ist. Gerade im Bezug auf China ist das ein Thema, das mich immer wieder aufbringt; unsere tollen "Menschenrechtsorganisationen" haben beschlossen, dass das Abbinden der Füßen von Mädchen grausam sei. Nun, aus unserer Sicht mag das so sein; aber deren Mädchen, die diese Behandlung nicht erfahren, werden auf ewig arm bleiben, zuhause in unschönen Zuständen leben und haben keine Chance, von einem reicheren Mann für attraktiv gehalten zu werden. Mit unserer hochnäsigen Arroganz im Bezug auf Regeln, die wir, (wie Du ja schon geschrieben hast), selbst nicht so ganz genau nehmen, zerstören wir, damals wie heute, vielmehr, als wir aufzubauen glauben. Wir kotzen einmal auf den Teppich, und haben im Handumdrehen ganze Gesellschaften auf ewig zerstört und in eine Ordnungslosigkeit getrieben, die Jahrhunderte andauern kann. Was meinst Du, wann Südafrika wieder auf einen Pegel zurückkommt, der mit dem vor der Apartheid vergleichbar wäre? Niemals! Denn die vielen Kolonialherren haben Wort gehalten- sie haben dem Neger die Kultur erschlossen ... Meinen Glückwunsch!
Jede Nation, jede Gesellschaft, soll verflucht nochmal das Recht haben, seine eigene Ordnung zu erwählen, ohne dass sie befürchten muss, dass ein Weltpolizist vorbeischaut und ihm erzählt, dass das ja alles falsch ist was er tut. Dass wir aus den Kolonialzeiten, die eigentlich verdammt gut dokumentiert sind, diesen Schluß noch nicht gezogen haben, halte ich für unglaublich ...